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Pflegebed. Rollstuhlfahrer, Anspruch Treppensteighilfe


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Kranken- bzw. Pflegekassen müssen die Kosten einer Treppensteighilfe für pflegebedürftige Rollstuhlfahrer übernehmen, wenn damit eine selbstständigere Lebensführung ermöglicht wird. Dies hat das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 16.07.2014 entschieden.


Treppen sind für Rollstuhlfahrer oft ein unüberwindliches Hindernis. Deshalb besteht vielfach der Wunsch nach Ausstattung mit einer mobilen elektrisch betriebenen Treppensteighilfe, um mit Unterstützung einer Pflegeperson im Rollstuhl sitzend Treppen überwinden zu können.

Kasse verweist auf „ebenerdig gelegene Wohnung“

Geklagt hatte ein 81 Jahre alter Mann, der nahezu erblindet, beidseitig beinamputiert und deshalb pflegebedürftig ist(Pflegestufe III). Die beklagte Krankenkasse hat ihn mit einem mechanischen Rollstuhl versorgt, mit dem er aber seine in der ersten Etage eines Mehrfamilienhauses gelegene Mietwohnung nicht verlassen kann, weil in dem Haus kein Aufzug vorhanden ist. Die Beklagte hat den Leistungsantrag abgelehnt, weil die Krankenkassen nicht für Hilfsmittel aufzukommen hätten, die ein Versicherter nur wegen seiner besonderen Wohnsituation benötige. Dazu zählten auch die Treppensteighilfen, weil sie bei ebenerdig gelegenen Wohnungen und bei Häusern mit Aufzügen oder Treppenliften entbehrlich seien. In den Vorinstanzen war die Klage erfolgreich.

Grundsätzlich keine Zuständigkeit der Krankenversicherung

Der 3. Senat des Bundessozialgerichts hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Dem Kläger steht der Anspruch auf Versorgung mit der elektronisch betriebenen mobilen Treppensteighilfe zu. Der Anspruch ergibt sich allerdings nicht aus § 33 SGB V, weil Mobilitätshilfen zum mittelbaren Behinderungsausgleich grundsätzlich nur dann in den Zuständigkeitsbereich der gesetzlichen Krankenversicherung fallen, wenn sie nicht allein wegen der konkreten Wohnsituation des Versicherten, sondern praktisch in jeder Art von Wohnung benötigt werden. In ebenerdig gelegenen Wohnungen oder Häusern mit Aufzügen oder Treppenhilfen werde eine Treppensteighilfe aber nicht benötigt.

Treppensteighilfe stellt Pflegehilfsmittel dar

Der Anspruch ergibt sich jedoch aus § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB XI. Für pflegebedürftige Versicherte, die dauerhaft auf einen Rollstuhl angewiesen sind, stellt eine Treppensteighilfe ein Pflegehilfsmittel dar, weil mit ihrer Hilfe eine selbstständigere Lebensführung des Pflegebedürftigen ermöglicht wird; denn um von der Wohnung nach draußen zu kommen oder von dort zurückzukehren, ist nur noch die Unterstützung durch eine Pflegeperson und nicht mehr, wie bisher, durch zwei Kräfte nötig. Die Pflegeversicherung stellt im Gegensatz zur Krankenversicherung auf einen Hilfebedarf im konkreten, individuellen Wohnumfeld ab.

Krankenkasse als zuerst angegangener Träger zuständig

Für dieses grundsätzlich in die Zuständigkeit der Pflegekasse fallende Hilfsmittel ist hier ausnahmsweise die Krankenkasse leistungspflichtig, weil nach § 40 Abs 5 Satz 1 SGB XI derjenige Leistungsträger über die Bewilligung von Hilfsmitteln mit doppelter Funktion, nämlich Behinderungsausgleich einerseits und Pflegeerleichterung bzw. die Ermöglichung einer selbstständigeren Lebensführung andererseits, zu entscheiden hat, bei dem der Leistungsantrag gestellt worden ist. Das war hier die Krankenkasse.

B, SGUrteil vom 16.07.2014, Az. B 3 KR 1/14 R
Quelle: www.krankenkassen-direkt.de